Kioske 5 – Venedig
EIN DENKMAL FÜR CASANOVA, ZWEITE LIEFERUNG – ES GIBT WIRKLICH EINES!
Vor längerer Zeit war hier an dieser Stelle von dem unglücklichen Schicksal des Denkmals für Casanova, den alten Schwerenöter, zu lesen, dessen 30 Tonnen Granit nebst seinen Bronzefiguren in den Industrieruinen Margheras ein elendes Dasein fristen, nachdem ihnen vor nunmehr zwanzig Jahren ein kurzer glanzvoller Auftritt auf dem Markusplatz beschieden gewesen war, während des Canevals 1998. (Was heutzutage zu dieser Zeit den Markusplatz bespielt, ist noch viel schlimmer.) Das wird es also gewesen sein mit einem Monument für Casanova, denkt man sich, und ist dann um so erstaunter, wenn man im Internet auf ein Monument pour Casanova stößt, hier in Venedig, und dazu noch in der Frarikirche. „EIN DENKMAL FÜR CASANOVA, ZWEITE LIEFERUNG – ES GIBT WIRKLICH EINES!“ weiterlesen
Anrüchiges
Vom Standpunkt der Abwasserwirtschaft aus ist Venedig keineswegs in der Gegenwart angekommen. Ein Kanalsystem gibt es nicht, etwa ein Drittel der Abwässer wird in Fäkalientanks gesammelt und regelmäßig von eigens ausgerüsteten Kähnen abgepumpt, der Rest landet wie eh und je ungeklärt in der Lagune und wird mit der Ebbe in die Adria gespült.
Der pasticciere und seine pasta madre
Gender Trouble In Venice
Gilberto Penzo, der unbestrittene Fachmann in allen Fragen venezianischer Wasserfahrzeuge – er betreibt einen kleinen Laden in San Polo, wo er allerhand Modelle feilbietet, vom sàndolo bis zur Autofähre, ist zudem Autor diverser Standardwerke über Gondeln, forcole und anderes, so auch über vaporetti – berichtete vom langsamen Niedergang der Gondelwerften: In fast allen squeri gäbe es keine Söhne, sondern nur Töchter, und diese hätten kein Interesse, das väterliche Gewerbe fortzuführen.
CAPITAN BRAGADIN
Die Capitan Bragadin – das klingt, obwohl korrekt, ein wenig befremdlich; sagen wir also der Capitan Bragadin – ist ein ausgedienter Vaporetto, wenig jünger nur als die INO und liegt unweit von ihr auf der Giudecca, im Cantiere Navale Toffolo, einer der wenigen noch übriggebliebenen von den einstmals zahlreichen venezianischen Werften. „CAPITAN BRAGADIN“ weiterlesen
Tizians Verunklärung
Francesco di Giorgio Martini. Eine Empörung
Verspätete Miszellen zum Carneval
Der veneziano im carnevale
PALISSYS EIDECHSE
EINE BEMERKENSWERTE BEOBACHTUNG
unlängst bei der festa del Redentore. Bei diesem Anlaß, der, wie alles in Venedig, die Massen der Touristen anzieht, sind die Venezianer dennoch unter sich. Schieben sich jene in Erwartung des großen Feuerwerks auf Zattere hin und her, stehen sich am Markusplatz die Beine in den Bauch, drängen sich auf der Riva degli Schiavoni, schubsen sich an der Punta della Dogana, quetschen sich über die eigens errichtete Schiffsbrücke hinüber zur Giudecca, so versammeln sich die Venezianer auf dem Wasser. Was immer Zugang zu einem Boot hat – früher hätte man sagen können: Wer immer ein Ruder halten kann – versucht, sich rechtzeitig im Bacino di San Marco oder im Canale della Giudecca einen guten Platz zu sichern, um das mitternächtliche Spektakel aus der rechten Perspektive mitbekommen zu können. „EINE BEMERKENSWERTE BEOBACHTUNG“ weiterlesen
DOTTO, BRONTOLO, PISOLO & CIE.
45°27’39’’N/12°15’40’’O – ALLES EINE FRAGE DER PERSPEKTIVE
Nimmt man von Mestre, sofern man sich nicht ganz gezielt der kalten Dusche banaler Wirklichkeiten aussetzen will – oder sofern man nicht dort Quartier zu nehmen gezwungen ist, weil das Budget für Venedig nicht langt – nur das Gewirr der Hochstraßen und dubiosen Parkplätze wahr, wo einem vor der Feerie Venedigs noch einmal so recht das Bild der Wirklichkeit der Welt vor Augen geführt wird, so wird man von Marghera kaum je auch nur gehört haben. „45°27’39’’N/12°15’40’’O – ALLES EINE FRAGE DER PERSPEKTIVE“ weiterlesen
EINE NACHRICHT, DIE UNS BEUNRUHIGT
Die Zeitungen vermelden, in Rom müsse das Wasser rationiert werden: Für jeweils acht Stunden werde es, so hieß es, reihum in den verschiedenen Stadtteilen abgeschaltet. Der Grund hierfür seien die außerordentlich hohen Leitungsverluste, die nahezu die Hälfte des Wassers betrügen und die dem arg vernachlässigten maroden Leitungsnetz geschuldet seien. Nun war Rom seit altersher eine Stadt, die, bildlich gesprochern, auf dem Wasser gebaut war: Seit der Antike vertraute sie auf ein ausgeklügeltes verläßliches System von Wasserleitungen, und der Nieder-, ja beinahe Untergang der Stadt in den Wirren der Völkerwanderungszeit ist nicht zuzletzt darauf zurückzuführen, daß es nicht mehr gelingen konnte, die Wasserversorgung aufrechtzuhalten. Das ganze Mittelalter über war nur ein kleiner Teil des antiken Stadtgebiets bewohnbar, und auch das Rom der Renaissance beschränkte sich in seiner Ausdehnung auf das Tiberknie. Erst die energischen und weitsichtigen Unternehmungen Sixtus’ V., der nicht nur die antiken Wasserleitungen instandsetzen, sondern darüberhinaus eine neue anlegen ließ, die Aqua felice (nach seinem Geburtsnamen Felice Peretti), bahnte den Weg für eine Neubesiedlung der ausgedehnten Brachflächen intra muros. Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein war die großzügige und freundliche Versorgung mit Wasser und der damit verbundene Schmuck der Stadt mit elaborierten Brunnenanlagen ein Anliegen der Mächtigen – in der Nachfolge der Barockpäpste legte zuletzt Mussolini ein Programm öffentlicher Brunnenbauten auf, das die ganze Stadt mit einem ästhetischen Netz überzieht (angelehnt wohl an das Projekt der Strukturierung des römischen Brachlands durch den erwähnten Sixtus vermittels der Markierung der wichtigen Orte durch die Wiederaufrichtung der Obelisken an ausgewählten Stellen). Was mag es nun bedeuten – für welches Omen sollen wir die erneute Infragestellung der Wasserversorgung der Ewigen Stadt in der aktuellen Völkerwanderungszeit nehmen?