And now for something completely different: Eine kurze Exkursion nach Berlin

Hans August Schröder (1930-2011), der seinen Weg als Page im Adlon begonnen hatte, später zum geschätztesten barman Berlins avancierte, bevor er mit 72 Jahren seine Lokalität, den von ihm 1976 gegründeten Rum Trader, an Gregor Scholl übergab und ein Studium der Sinologie aufnahm, ein nach allem, was man über ihn hört, weltläufiger, gebildeter und ausgesprochen belesener Mann von ausgeprägtem Witz, war einst in die Fänge des Finanzamts geraten. Steuernachzahlungen wurden von ihm gefordert, in so beträchtlicher Höhe, daß sie ihm das Genick gebrochen haben würden. Es waren nämlich von der Behörde die Mengen der einzelnen Spirituosen in den verschiedenen Cocktails nach einschlägigen Rezepten berechnet und in Relation zu seinen Einnahmen gesetzt worden, und aus diesen peniblen Kalkulationen wurde der Schluß gezogen, daß die letzteren bedeutend höhere sein müßten als deklariert. Da sah es duster aus. Sein Anwalt versuchte, ihn von der Aussichtslosigkeit seiner Lage zu überzeugen; dennoch entschloß sich Herr Schröder, bestärkt von seiner Frau Sabrina, einer Jüdin, die vier Konzentrationslager überlebt hatte und für die Aufgeben nicht in Frage kam, gegen die finanzamtliche Forderung vor Gericht zu ziehen. Zur Verhandlung brachte er in einem Köfferchen, von dem wir gerne hätten, daß es mit Haifischhaut bezogen und mit violettem Samt ausgeschlagen gewesen sei, sein Besteck mit, Shaker, Strainer, Barlöffel usw., dazu ein kleines Flaschensortiment, Eis und Gläser. Er bereitete einen Cockail, genau den Grundlagen der finanzamtlichen Berechnungen gemäß, servierte ihn dem Richter, mixte dann einen zweiten, diesmal so, wie er selbst es für richtig und vertretbar hielt und gewann so seinen Prozeß. Noch heute, hört man aus Juristenkreisen, werde regelmäßig auf dieses Urteil Bezug genommen.

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