Drei Museen in Tirana

1. Muzeu Historik Kombëtar, Nationalhistorisches Museum

Das größte Museum des Landes, mit angeblich über einer Million Besucher im Jahr, von denen sich jedoch keiner zeigte, als wir am späten Sonntagvormittag dort waren. Erste Abteilung Frühgeschichte und Antike, bei den Exponaten schwer zu unterscheiden, ob es sich um alte Stücke oder um gipserne Abgüsse handelt – eine etwas unsaubere Mischung aus Konservatorenpalast und Museo della civiltà romana. Wie zu erwarten eine patriotisch-heroisierende Skanderbeg-Abteilung, bei der alles aus Faksimiles oder Nachempfundenem bestand, bis hin zu Schwert und Helm. Danach nur noch Helden und Märtyrer, in Arrangements, die aussehen, als habe sich Boltanski von ihnen inspirieren lassen. Bilder von Individuen, entweder als Strecken enstellter blutverkrusteter Leichen oder in langen Reihen unscharfer Porträts von Heroen des Partisanenkampfs, jeweils mit kurzem Lebenslauf und, in einer Vitrine, ein Kleidungsstück und die Waffe des Porträtierten. Auch Opfer der Hoxha-Diktatur sind vertreten, und es ist in diesem unmittelbaren Nebeneinander auffällig, wie sehr sich die Bilder der beiden Abteilungen gleichen, wie ununterscheidbar sie sind. Was bleibt, ist der bedrückende Eindruck einer allumfassenden Gewalttätigkeit, fast ist man geneigt, von einer Kultur der Gewalt zu sprechen. Am Ende dieses Komplexes (dessen Unterteilung in die verschiedenen Epochen der Gewalttätigkeit ohne die Beschriftungen nicht erkennbar ist) Kriegsbeute: Waffen und Gerät aus den Beständen der Wehrmacht. Folgt, wenig organisch, eine kleine Kollektion von Ikonen, schließlich noch, mit großen farbigen Photographien diesmal, ein Raum, in dem das Hohelied von Mutter Theresa gesungen wird und der aussieht wie ein Messestand.

2. Galeria Kombëtare e Arteve, Nationalgalerie

In der Sammlung ausschließlich Kunst nach 1945, und ausschließlich Werke des Sozialistischen Realismus in seiner albanisch-stalinistischen Ausprägung und exakt entlang der strammen Parteilinie; die Galerie dürfte vor dreißig Jahren kaum einen andere Eindruck gemacht haben. Man fragt sich, was mit dieser Ausschließlichkeit gemeint sein kann – und welche Rückschlüsse sich hieraus auf das hiesige Verständnis der Nation ziehen lassen. Denn es gab ja durchaus auch zu Hoxhas Zeiten Positionen, die nicht der Parteidoktrin entsprachen, etwa bei Edi Hila (*1944), dessen Werk in einer Retrospektive im Erdgeschoß präsentiert ist, eine Übernahme aus Warschau und Wien, unter dem Titel »piktori i transformimit«, Maler der Transformation. Auch hier so gut wie keine Besucher.

3. Bunk’Art

Auf halbem Weg zwischen Nationalhistorischem Museum und Nationalgalerie gelegen, im weitläufigen atombombensicheren Bunker des Innenministeriums und im Gegensatz zu den beiden anderen Museen gut besucht – und das Unbehagen um eine weitere Facette bereichernd. Die rund hundert Räume teilen sich in eine Dokumentation des Bunkers selbst, eine dem Wirken des Sigurimi, des von Hoxha ins Leben gerufenen Staassicherheitsdiensts gewidmete Ausstellung (viele der ausgestellten Photographien sind einem bereits aus dem Historischen Museum vetraut) und in eine Reihe von Kunstinstallationen, die, wie und aus welcher Absicht heraus sie auch immer gemacht sein mögen, doch wenig anderes bewirken als dem Beklemmenden und Schauerlichen des Orts eine weitere, unbeabsichtigte Beklemmung hinzuzufügen. Was spricht aus dieser Anlage? Was will dieses Aufeinanderstapeln von Schrecken bewirken, und welche Bewältigungs- und Beschwichtigungsformeln erweisen hier ihre Unzulänglichkeit?

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