Vor längerer Zeit war hier an dieser Stelle von dem unglücklichen Schicksal des Denkmals für Casanova, den alten Schwerenöter, zu lesen, dessen 30 Tonnen Granit nebst seinen Bronzefiguren in den Industrieruinen Margheras ein elendes Dasein fristen, nachdem ihnen vor nunmehr zwanzig Jahren ein kurzer glanzvoller Auftritt auf dem Markusplatz beschieden gewesen war, während des Canevals 1998. (Was heutzutage zu dieser Zeit den Markusplatz bespielt, ist noch viel schlimmer.) Das wird es also gewesen sein mit einem Monument für Casanova, denkt man sich, und ist dann um so erstaunter, wenn man im Internet auf ein Monument pour Casanova stößt, hier in Venedig, und dazu noch in der Frarikirche.
Was, nebenbei bemerkt, sich recht gut zu der venezianischen Abneigung gegenüber Monumenten im öffentlichen Raum fügen würde, deren Stelle üppigste Grabmäler in den Kirchen vertreten – die Geschichte des einzigen Denkmals der serenissima, des Reiterstandbilds des Colleoni, ist hinlänglich bekannt, und es bestärkt hier ausnahmsweise einmal die Ausnahme die Regel. Casanova, fragt man sich, ist aber doch in Dux gestorben und begraben, alt und vergessen und bestenfalls als eine Persönlichkeit von mehr als zweifelhaftem Ruf? Und wie wäre die Ikonographie zu deuten? Die Pyramide etwa als ein Hinweis auf sein Freimaurertum? Die geöffnete Tür ins Dunkel als einer auf den finsteren Tempel der Wollust und Verderbnis, als den man nicht umhin kann, diesen spätbarocken Dunkelmann aufzufassen? Dazu die Frauen, die sich, wie die Kälber zum Metzger, zum leidvollen Gang in das finstere Loch anschicken – genau wissend, was ihnen blüht! So, denkt man sich weiter, muß es zu Harvey Weinsteins besseren Zeiten vor seiner Tür zugegangen sein. Noch leuchtet das Fünkchen der Tugend, wie die erhobene Fackel im unheilschwangeren Zug der freudlosen Frauengestalten verdeutlicht – wenig später wird es verglommen und auf immer verloren sein: die zweite Fackel, auf der andere Seite, ist umgedreht und erloschen, und achtlos am Boden liegt der verlorene Jungfernkranz. Und es schläft der Löwe, das Haupt gebettet auf das Gesetzbuch – keine Staatsgewalt gebietet dem Wüstling Einhalt. — Das ist doch alles sehr schlüssig und beeindruckend.
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