Gilberto Penzo, der unbestrittene Fachmann in allen Fragen venezianischer Wasserfahrzeuge – er betreibt einen kleinen Laden in San Polo, wo er allerhand Modelle feilbietet, vom sàndolo bis zur Autofähre, ist zudem Autor diverser Standardwerke über Gondeln, forcole und anderes, so auch über vaporetti – berichtete vom langsamen Niedergang der Gondelwerften: In fast allen squeri gäbe es keine Söhne, sondern nur Töchter, und diese hätten kein Interesse, das väterliche Gewerbe fortzuführen.
Alexandra Hai, 1967 in Hamburg geboren, kam mit 29 Jahren im Zuge eines Filmprojekts nach Venedig und beschloß, hierzubleiben und die erste gondoliera zu werden. Der Widerstand der Gondolierenzunft war erbittert. Zwar gab es keine rechtliche Handhabe – die Gleichstellung der Geschlechter hatte auch Italien erreicht –, doch wollte es ihr nicht gelingen, die Hürden der unterschiedlichen Prüfungen, theoretischen wie praktischen, zu meistern, die vor den Erhalt einer der auf die Anzahl von 425 beschränkten begehrten Gondellizenzen gesetzt sind. Auch lange zermürbende Prozesse blieben ohne den ersehnten Erfolg, doch konnte sie es schließlich soweit bringen, immerhin für eine Hotelkette als Privatgondoliera Fahrten veranstalten zu dürfen, nunmehr im Besitz einer eigenen Gondel, die sie, einen holzgewordenen Mädchentraum, Pegaso getauft hatte. Des Rosses Restaurierung unternahm ihr Lehrer und Mentor Crea, nach ihren Worten the most modern gondola maker of all times, der die Befürchtung geäußert hatte, das Gefährt sei vielleicht zu stark für sie. Dem Ziel nun immerhin einen Schritt nähergekommen, doch allmählich zermürbt von den unüberwindlich scheinenden Widerständen, entschloß sie sich im vergangenen Jahr zu einem einschneidenden Schritt und begab sich, nach einer Hormonbehandlung, im Herbst unters Messer und rudert nunmehr als Alex Hai ihren Pegasus »vorwärts in die Vergangenheit« (so drückt sie es auf ihrer Internetseite aus), ohne es indes bisher in den Parnaß der 425 geschafft zu haben. Dies war jedoch schon Jahre zuvor einer anderen Frau gelungen, der Venezianerin Giorgia Boscolo, einer Gondolierentochter, die seit 2009 als erste und nunmehr einzige Frau ganz offiziell den remo führt.
[fb]
Eine Antwort auf „Gender Trouble In Venice“
Kommentare sind geschlossen.