Venedig, nicht eben arm an baulichen Pretiosen, weist auch einen beachtlichen Reichtum an Kiosken auf. Wohl keine andere Stadt wird es zu einer ähnlichen Dichte bringen – ja, es dürfte wohl mehr als ein Kiosk auf tausend Venezianer kommen.
Campo SS. Apostoli
Der größte Teil von ihnen ist offensichtlich neueren Datums und zeichnet sich, außer durch Graffiti von exemplarischer Einfallslosigkeit, durch eine so einheitliche wie inspirationsfreie Gestaltung aus, bei der das Augenmerk auf wenig anderes als auf den Schutz vor Vandalismus gerichtet zu sein scheint. Einige ältere, deutlich weniger robuste, ja im Vergleich fast filigran anmutende Modelle haben die Zeit überdauert, auf dem Campo San Polo etwa, oder vor der Accademia, und daneben gibt es noch den einen oder anderen, der etwas improvisierter erscheinen – wobei auch hier freilich alles sehr geordnet zugeht, wie in einem gut geführten Vergnügungspark. Freilich ist man sich unsicher, ob man überhaupt von Kiosken sprechen kann.
Campo Santa Maria Formosa
Zwar bestehen, was die Gebäudetypen betrifft, keine Zweifel, genauso wenig, wenn es um die Positionierung im öffentlichen Raum angeht, kann hier Venedig doch, trotz aller Enge, deutlich mehr und attraktiveres bieten als jede andere Stadt, und kaum irgendwo wird sich in dieser Hinsicht Spektakuläreres finden lassen. Doch definiert sich der Kiosk ja auch durch die Art seiner Nutzung und damit verbunden durch seine Funktion im sozialen Gefüge – und hier setzen die Zweifel ein. Denn die wenigsten dieser Einrichtungen haben irgendetwas zu bieten, das für einen Venezianer von Interesse oder von Nutzen sein könnte, und ihr Angebot ist nicht von dem Einheitsbrei an in China produzierten Plastikgondeln, Masken und gläsernem Nippes zu unterscheiden, der seit der vom sindaco Brugnaro verfügten Aufhebung der Nutzungsbeschränkungen für Ladengeschäfte nunmehr so gut wie ausschließlich die Wege säumt und alles vertrieben und ausgerottet hat, was einer Stadt zum Leben dienen kann.