Perspektive bei Walter De Maria – Nachtrag

»…lines traveling out to infinite points…«
Beobachtungen zur Perspektive im Werk von Walter De Maria
Ein Essay in zehn Lieferungen

Nachtrag.: Die Ekstase der hl. Cäcilie

 

Raffael, Die Verzückung der hl. Cäcilia, um 1513/16. Bologna, Galleria Nazionale
 

Das Vorangehende beschränkte sich auf die Betrachtung eines Teilaspekts von Walter De Marias Œuvre, nämlich der Perspektive, genauer der Zentralperspektive und ihrem eigentümlichen Erscheinen im Werk des Künstlers, ausgehend von der Installation von Apollo’s Ecstasy 2013 in Venedig, die er wenige Monate vor seinem unerwarteten Tod noch selbst vorgenommen hatte. Zu diesem Kunstwerk sei hier noch eine Beobachtung angehängt. Zieht man Raffaels Verzückung der hl. Cäcilia (L’estasi di Santa Cecilia, engl. Ecstasy of St. Cecilia) in der Galleria Nazionale in Bologna heran, so lassen sich, neben dem Titel, noch einige andere Gemeinsamkeiten ausmachen. Am offensichtlichsten ist die Ähnlichkeit der Stäbe und ihrer Positionierung mit der Orgel, dem gewohnten Attribut der Heiligen, von ihr hier achtlos in den Händen gehalten. Die abnehmende Größe der Pfeifen, die sich dem proportionalen, nach ganzen Zahlen geordneten Verhältnis der Töne verdankt (seit Pythagoras als eine Art ›Weltformel‹ aufgefaßt) macht sich, wenn man sie isoliert betrachtet, wie eine in das Gemälde eingesetzte Perspektive aus, die einen diskreten Raum definiert, denjenigen des Bildes konterkarierend. Sowohl Apoll als auch Cäcilia stehen in unmittelbarer Verbindung zur Musik, die ja für das Schaffen von Walter De Maria von zentraler Bedeutung war, und das Thema des Absoluten, oder wenn man will des Erhabenen, das im Verhältnis von irdischer und himmlischer Musik das Zentrum von Raffaels Verklärung ausmacht, läßt sich unschwer auch in Apollo’s Ecstasy finden, ja als ein das gesamte Werk des Künstlers durchziehendes Motiv identifizieren.