Der geneigte Leser kann sich eines davon aussuchen. Jedes davon beschreibt die Lage der INO, seit nunmehr drei Wochen bei Kilometer 500 auf der Donau und auf unbestimmte Zeit. — Neben das Hängenbleiben hat die Sprache das Herum- und das Durchhängen gesetzt, was zwar nicht den Zustand des Schiffs, dafür aber um so besser den der Besatzung beschreibt.
Doch der Reihe nach: Die Hoffnung und Verheißung des Deltas, nach den schwankenden Fährnissen der Seefahrt nähme nun die Fahrt auf den ruhigen Fluten der Donau einen gleichmäßigen und sozusagen gemütlichen Lauf, erwies sich recht bald als trügerisch; in der Folge des nahezu niederschlagslosen Sommers sind die Pegel auf historische Tiefstände gesunken, ist der Verkehr so gut wie zum Erliegen gekommen und die Fahrt zu einer Folge nervenauf- und –zerreibender Zitterpartien geworden. Größere Unheil freilich blieb erspart – zweimal nur sind wir aufgesessen, einmal beim Versuch, einem entgegenkommenden Schubverband auszuweichen, was uns an einem kritischen Punkt zum Verlassen der Fahrrinne zwang, und einmal völlig unerwartet an einer Stelle, wo solches eigentlich ausgeschlossen hätte sein müssen. In beiden Fällen ging es ohne Schäden ab, doch wuchs ein unbehagliches Gefühl der Unsicherheit.
Hatte sich das erste halbe Tausend Donaukilometer noch einigermaßen bewältigen lassen, wenn auch unter gelegentlichem Bangen und Beben, so erwartet uns nun, wenige Kilometer oberhalb der ›Brücke der Freundschaft‹, die unweit von Bukarest das rumänische Giurgiu, einst Endpunkt für den Orient-Express, mit Ruse oder Rustschuk in Bulgarien verbindet, der Stadt Canettis und Schauplatz eines Mordes, der im Augenblick ganz Europa bewegt, die erste einer Reihe von Flachstellen, deren Überwindung unter den aktuellen Gegebenheiten nicht möglich ist. So bleibt nichts anderes übrig, als uns mit einer längeren Unterbrechung der Fahrt abzufinden, die INO im Șantierul Naval Giurgiu, der Werft, wo sie schon seit drei Tagen wegen der Reparatur ihres vermaledeiten Generators gelegen hatte, so sicher wie in diesen Gegenden irgend möglich unterzubringen, klar Schiff zu machen und einen spontanen und ja auch wirklich verdienten Land- und Heimaturlaub anzutreten. Und bei dem Gedanken wird einem ja auch gleich warm ums Herz, nach all den schaukelnden Monden unter fremden Sternen — Vergnügt, die Heimat wiederzusehn, / am Verdeck frisch auf und nieder geht / Waghaltenden Schritts der Kapitän … Bei allem Verdruß ob der unwillkommenen Stockung der Reise: Es hätte uns schlimmer treffen können.