Lebende Denkmäler auf Brioni

Wer aus Interesse an architektonischen Monumenten nach Brioni reist, wird enttäuscht sein – Plečniks Alterswerk, der Pavillon, den er hier für Tito baute, wird für ihn unsichtbar bleiben, und schon die Frage danach ruft ein verständnisloses, ja mitleidiges Lächeln ob der Naivität eines solchen Ansinnens hervor, sind weite Teile des Archipels doch Sperrgebiet und ist hier weniges so präsent wie die allgegenwärtigen Zäune. Doch hat die Insel anderes, größeres zu bieten: die unmittelbare Teilnahme am verblichenen Marschall und Staatenlenker, und zwar vermittels lebender Objekte, die weit mehr als schlichte Zeitzeugen sind.

Drei an der Zahl: Zunächst und am gewichtigsten die Elefantenkuh Lanka, die Tito 1974 von Indira Gandhi als zweijähriges Kalb zum Geschenk gemacht worden war (große Tiere scheinen ihm stets eine Freude bereitet zu haben) und unter deren bedächtigem Hinundherwiegen in einsamen Tagträumen vielleicht auch das Schemen einer Erinnerung an den längstverstorbenen Besitzer vorüberziehen mag. Sodann der in einer Vitrine aus Acrylglas ausgestellte Cadillac Eldorado, ein wohlgepflegtes convertible, Teil von des Inselherren und ehemaligen Automechanikers (bei Benz in Mannheim) sowie Einfahrers (bei Daimler in Wiener Neustadt) beachtlicher Kollektion luxuriöser Motorfahrzeuge. Man kann den Wagen, angeblich ein Geschenk im kanadischen Exil lebender Jugoslawen, nach anderen Quellen eines von Eisenhower, mieten, um mit ihm eine Runde durch die Zypressenalleen der Insel zu drehen.

Am bemerkenswertesten ist jedoch Koki, Titos Kakadu, aus dessen Namensgebung ein leicht verschrobener Humor des, nennen wir es einmal beim Namen, Diktators zu sprechen scheint. Was wir vorfanden, war enttäuschenderweise nichts als ein leerer, wenn auch großzügig bemessener Käfig – der Vogel selbst, so stand mehrsprachig zu lesen, verbrächte die Wintermonate, unter die hier offensichtlich auch der Juni gerechnet wird, im komfortableren Vogelresort. Der Verdacht kann nicht aus der Welt geräumt werden, es verhalte sich mit diesem Tier wie mit Luthers regelmäßig erneuertem Tintenfleck, doch sind wir entzückt von der Legende, Koki habe in seiner in Titos Arbeitszimmer und somit in dessen unmittelbarer Nähe verbrachten Jugend sich dessen schweren Raucherhusten akustisch zu eigen gemacht und sei jederzeit in der Lage und auch willens, dieses wohl letzte unmittelbare Zeugnis eines sozialistischen Herrschers zum Besten zu geben.

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Eine andere Erinnerung gilt es aufrechtzuerhalten: Auf Brioni wurde im Sommer 1956 von Nehru, Nasser und Tito die Deklaration zur Gründung der Blockfreien Staaten unterzeichnet, was dazu beigetragen haben mag, einen dritten Weltkrieg bislang zu verhindern. Im Gedenken an dieses Ereignis darf man hier ruhig einmal seinen Strohhut ziehen
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