Nicht ohne Mühe und nur dank guter Verbindungen (Ferrari, ohne dessen Hilfe wir auch sonst nicht weit gekommen wären, warf sein Gewicht in die Waagschale) war es gelungen, eine Sondergenehmigung zu erhalten, mit der INO durch den Canal grande zu fahren – Brugnaro selbst, der Bürgermeister, hatte zustimmen müssen, und auch der ACTV sein placet geben.
Die letzte Fahrt der INO durch das ihr eigentümliche Heimatgewässer sollte es werden – 1905 war sie in Dienst gestellt worden, als Vaporetto #20, der erste in Venedig gebaute (die früheren waren aus Frankreich gekommen, später dann aus Triest), hatte bis in die Sechzigerjahre Dienste im venezianischen Nahverkehr getan – wer mag in diesem guten halben Jahrhundert nicht alles auf ihr durch den Canal grande gefahren sein? – um dann bis zur Unkenntlichkeit umgerüstet als ›Max‹ Fische zu fangen und auch Touristen zu befördern. Auch später, als sie zu alter Gestalt zurückgefunden hatte, nun in ›1905‹ umbenannt, hatte sie den Dunstkreis der Lagune nicht verlassen. Nun steht ihr endgültiger Abschied von Venedig unmittelbar bevor – vor einigen Tagen schon hätte er stattfinden sollen und ist technischer Kalamitäten halber immer wieder verschoben worden –, es soll also bald die Adria hinunter gehen, dem verblassenden Einfluß der serenissima auf der Spur den Rand des Orients streifend schließlich donauaufwärts nach Nordwesten, mit dem endgültigen Ziel Berlin, von wo aus wohl kaum ein Weg zurück nach Venedig führen wird, der Stadt, deren Bild von dem der vaporetti nicht abzulösen ist und außerhalb derer man nicht auf den Gedanken an ein vaporetto verfallen würde.
War die Fahrt auch geprägt von Vorfreude auf die lange Reise, und war sie auch der Schluß- und Höhepunkt des großen Umbauwerks (anderthalb Jahre, reich an Mühen und Entbehrungen), und war sie auch an Großartigkeit kaum zu überbieten, luxuriöses Gleiten auf der fast leeren Wasserfläche (die dämmrige Frühe war erst kurz zuvor erwacht: man hatte uns die Zeit von sechs bis sieben zugestanden, und nur einige vaporetti und wenige Taxis waren unterwegs), ein Eintauchen in die von einem leichten Hauch feinen Dunsts verstärkte eigentümliche Klarheit des venezianischen Frühlichts, war die Fahrt also eine durch äußersten Prunk, einer Reise durchs Glück, so war sie doch auch eine sentimentale, durchweht von einer leichten Wehmut des Abschieds und von einer stärkeren ob des Überflusses an schierer Schönheit.
Wir danken Nicola Ferrari und Gilberto Penzo herzlich für die freundliche Überlassung der photographischen Aufnahmen.