CREA,

ein gedrungener, grauhaariger Mann, der nur selten einen Gruß erwidert, und auch dann meist unwirsch, betreibt hier auf der Giudecca einen Handwerksbetrieb, eine Bootsbauwerkstatt, spezialisiert auf sorgfältig gefertigte, schnörkellose elegante Holzboote, der Tradition und keinesfalls den Kapriolen des Zeitgeschmacks verpflichtet. Daneben wird allerhand instandgesetzt, und eine der Spezialitäten scheinen Gondeln zu sein, die hier in allen denkbaren Zuständen des Verfalls und der Restaurierung den Wekhof und die Werkstätten füllen. (Mit Erstaunen nimmt man an den abgesplitterten Zierraten zur Kenntnis, daß sich unter dem schwaren Lack der geschnitzten Engel des Dekors Schaumstoff verbirgt.) Auch neue Gondeln werden gebaut – der Cantiere nautico Crea ist eine der fünf noch aktiven squeri, der venezianischen Gondelwerften. Im Geschoß über den Werkstätten unterhält Crea ein Restaurant, Al Storico da Crea, bei dem man sich des Eindrucks nicht ganz erwehren kann, er täte dies, um hier mit seinen Kumpanen zu Mittag essen zu können. (Auch den Bürgermeister Venedigs, Luigi Brugnaro, eine nicht unumstrittene Figur, sieht man hier gelegentlich mit ihm.) Das Essen indes verdient keine besondere Erwähnung. Eine der Wände des Etablssements schmückt ein bemerkenswertes Ensemble, ein von zwei mit roten (links) und grünen und weißen (rechts) Wimpeln angefüllten Vitrinen flankiertes Porträt eines jungen Mannes im blau-weiß gestreiftem Leibchen des gondoliere, in seinem rechten Arm sieben rote Fähnchen mit goldenen Spitzen von der Art derer aus der linken Vitrine, in der linken einige weiße und grüne. Hinter ihm weht eine rote Fahne. Das Ganze ein wenig in Sironis Manier gemalt; es zeigt Gianfranco Vianello Crea auf dem Höhepunkt seines Ruhms, nachdem er zum siebten Mal in Folge die Regata Storica gewonnen hatte, das große Gondelrennen auf dem Canal Grande, was ihm den Ehrentitel il re del remo eintrug. Insgesamt gewann er das Rennen zwölfmal.