Als Friedrich zum ersten Mal seinen Laden in San Polo aufsuchte, vor nunmehr vier Jahren, um ihn zu fragen, wie man am besten an ein vaporetto kommen könne, nahm Penzo ihn nicht besonders ernst – was man ihm nicht verdenken kann, sieht er sich doch beständig mit den dümmsten nur vorstellbaren Fragen konfrontiert, etwa, ob es sich bei den gläsernen Fischerkugeln in seinem Schaufenster um altertümliche Fender handele – was er bejaht, und auch die Frage, wann Venedig denn schließe, wird ihm regelmäßig gestellt – was ihn empört, wie ganz allgemein das Benehmen der Touristen und der Verfall der Sitten und der Niedergang des Benehmens. Er konnte oder wollte Friedrich also nicht weiterhelfen, verkaufte ihm jedoch immerhin einen Plansatz der Serie 80, von der zwischen 1974 und 1988 37 Exemplare gebaut wurden. Eines davon hätten wir damals gerne gehabt.
Penzos Hauptgeschäft sind aber nicht Pläne, sondern akribische Modelle, die er in einer Werkstatt unweit seines Ladens baut, und nicht nur von vaporetti, sondern von sämtlichen venezianischen Wasserfahrzeugen, historischen wie neuen – als da sind: ammiana, barcheta, barchetto, barcone, bastardo, batela, battellone, bissona, bragagna, bragosseto, bragosso, bragozzo, bucintoro, buranella, burchio, burcio, busegata, caorlina, chiatta, disdotona, dodesona, gaietta, gondelo, gondola, gondolín, mascareta, motonave, mototopo, motoscafo, mototrasporto, mussìn, omnibus, padovana, passera, patana, peata, piotta, prama, puparin, quatordesona, sandolo, sanpierota, rascona, tartana, topa, topo, trabacolo, vipera, zattera etc., und auch die Autofähren, die von Tronchetto zum Lido fahren, fehlen nicht.
Gilberto ist der anerkannte Fachmann für alles, was im Einzugsgebiet Venedigs je auf dem Wasser unterwegs war, und sein Interesse reicht von den archäologischen Funden bis in die Gegenwart. Einige Bücher schrieb er über sein Forschungsgebiet. Er war es, der vor einigen Jahren in einem heruntergekommenen Fischerkahn namens Max den bis zur Unkenntlichkeit entstellten ältesten noch erhaltenen vaporetto entdeckte – zusammen mit seinem Freund Ezio, der das Wrack dann erwarb und mit beträchtlichem Aufwand wieder in etwas zurückverwandelte, das als vaporetto zu erkennen war. Nach Ezios frühem Tod kam das Boot dann als 1905 in unsere Hände; Gilberto, der es unlängst anläßlich der Canal-Grande-Fahrt in genauen Augenschein nahm, hielt sich als höflicher Venezianer mit Kritik an unseren Umbaumaßnahmen zurück, schien auch tatsächlich mit dem meisten einverstanden zu sein, lobte insbesondere die splendida e razionale sala macchine – nur mit dem neuen festen Dach überm Vorderdeck war er nicht ganz einverstanden, die alte Stoffbespannung mit ihren Posamenten schien ihm passender gewesen zu sein.