Wer in der Bamberger Altstadt über eine der zahlreichen Brücken geht, hat gute Chancen, einem venezianischen Fremdling zu begegnen, einer echten Gondel nämlich, die man als Tourist buchen kann, um sich durch das sogenannte Klein-Venedig schaukeln zu lassen, für 120 Euro die Stunde – deutlich günstiger als in der serenissima, wo an die 350 hingeblättert werden müssen. Den remo führt Jürgen Riegel, der auf recht ungewöhnliche Weise zu seiner Tätigkeit kam, wie er uns am Stammtisch im Schäuferla, wo wir mit ihm zusammensaßen, bereitwillig berichtete. Vor Jahren nämlich, als er noch im Draculakostüm aufzutreten pflegte, beschloß er eines Tages, sich auf oder in einem schwarzlackierten Sarg die Regnitz hinuntertreiben zu lassen. Gesagt, getan – doch reifte nach vollbrachter Fahrt die Erkenntnis, daß sich in einer Gondel eine solche Regnitzreise weit stilvoller hätte berwerkstelligen lassen, ob im Kostüm oder ohne. Er beschloß also den Kauf einer solchen, was zur Folge hatte, daß er sich dann auch zum gondoliere ausbilden lassen mußte, von einem alten Venezianer, der sich in Nürnberg niedergelassen hatte. Schlielich nahm er dann erfolgreich den Gondelbetrieb auf, und er beklagt sich nur darüber, daß die Nachfrage zu sehr gewachsen sei und er kaum noch hinterherkomme. — Mit uns am Tisch saß Hans Lyer, der sich als der katholische Pfarrer des Bamberger Gefängnisses entpuppte und dessen große Leidenschaft der Feuerwerkerei gehört – genauer gesagt eine seiner Leidenschaften, denn neben dem bewundernswürdigen Engagement für seine Schützlinge gehört seine Liebe der Kunst, und so ist er gerade dabei, die Gefängniskapelle von seinem Freund Georg Baselitz mit neuen Glasfenstern ausstatten zu lassen.