Sandro

Sandro, ein meist gutgelaunter vielbeschäftigter Mann, den wir auf Mitte 50 schätzen, schwer, doch beweglich genug für seine Arbeit in den unzugänglichsten und engsten Winkeln, ist elettricista, Spezialist für die Elektrifizierung von Schiffen, Yachten hauptsächlich. Sachkundig und in seinem Metier bewandert, ist er mit einem kleinen Stab von Mitarbeitern geschlagen, allen voran seinem Sohn Bruno (an dem er kein gutes Haar läßt), der sich in erster Linie durch eine ausgeklügelte und offensichtlich lang eingeübte Fähigkeit des Maulaffenfeilhaltens auszeichnet. Am besten also, er macht alles selbst – wozu er sich dann schließlich auch entschloß. Hatten wir auch keinen Grund, uns nicht auf sein handwerkliches Geschick und seine Fähigkeiten zu verlassen – die ganze komplexe und komplizierte Elektrik und Elektronik scheint doch tatsächlich recht reibungslos zu funktionieren, so undurchsichtig ihre laokoonischen Verschlingungen sich dem unbefangenen Auge auch darstellen mögen –,  so war er, was die Einhaltung von Terminen betrifft, nicht übermäßig zuverlässig, ja gelegentlich von einer Saumseligkeit, die uns die ob seiner Unberechenbarkeit grau gewordenen Haare raufen läßt. Hatte er zu Beginn seiner Tätigkeit, im April vergangenen Jahres, zugesagt, die Arbeiten innerhalb höchstens zweier Wochen abgeschlossen zu haben, so waren sie schließlich rechtzeitig zu Weihnachten wenigstens soweit zuende gebracht, daß die INO einsatzfähig war. All unseren Versuchen, ihm Fristen zu setzen, war kein Erfolg beschieden – jeden der vielen Termine, die er uns als sicher versprach, ließ er verstreichen, ohne je auch nur die geringste Spur eines schlechten Gewissens zu zeigen. War er aber hier, ging ihm die Arbeit zielsicher und flink von der Hand, doch schienen seine Arbeitszeiten wenig geeignet, auf ein raschens Ende hoffen zu lassen: Häufig erschien er nur für eine Stunde, und blieb er einmal einen ganzen Tag, so tauchte er nicht vor 9 Uhr auf, verabschiedete sich um halb 12 in die Mittagspause, von der er nicht vor halb 3 zurückkam, und er beschloß seine Arbeit dann gegen 5. Wir hatten also keine Mühe, Gründe zu finden, uns so recht über ihn zu ärgern, doch stellte sich zu unserem Erstaunen heraus, daß er für keine ernstliche Verzögerung verantwortlich zu machen gewesen wäre. Alles Notwendige war stets rechtzeitig erledigt, und brauchte man ihn dringend, oder galt es, anderen in die Hand zu arbeiten, war er jederzeit verläßlich zur Stelle. Dazu erwies er sich als außgesprochen hilfsbereit und humorvoll, war stets gut gelaunt und freundlich und ist uns, wenn er uns auch so manchen Nerv geraubt hat, wirklich sympathisch geworden.