DER KAPITÄN DER DANUBIUS

In Orschowa, dem vielleicht trostlosesten Ort an der ganzen Donau, eine halbe Stunde oberhalb der Donaustaustufe ›Eisernes Tor 1‹ gelegen, machten wir die Bekanntschaft eines jungen Mannes, der sich auf ein Leben als Donaukapitän vorbereitet. Eigentlich könnte man ihn schon jetzt so nennen, ist er doch der căpitan der Danubius, eines kleinen Dampfers (vapor auf rumänisch), der im Sommer Touristen auf kurze Ausflugsfahrten zu der Handvoll von Sehenswürdigkeiten mitnimmt, die das Ufer des gestauten Stroms säumen: neben den Naturschönheiten das Kloster Mraconia, die unlängst fertiggestellte Rekonstruktion einer im Stausee untergegangenen Rekonstruktion der Dreißigerjahre des vergangenen Jahrhunderts, dann die aus den Fluten gerettete und ans neuentstandene Ufer versetzte tabula traiana, sowie den riesenhaften und außerordentlich häßlichen Kopf Decebels, des letzten Königs der Daker, in den Fels gehauen im Auftrag Iosif Constantin Dragans, den seine etwas zweifelhaften Geschäfte zum reichsten Mann Rumäniens gemacht hatten und der als Historiker dilettierte und in zahlreichen Schriften den Protochronismus propagierte, eine krude nationalistische Geschichtsauffassung, die sowohl von Ceauşescu favorisiert wurde als auch nach dessen Fall und Ende von rechtsnationalistischen Kreisen.

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