Warum reisen? — Wenn jeglicher Unmittelbarkeit eine medialisierte Erfahrung, jeglichem spontanen Erleben ein medialisiertes voranging, wenn also jedes Unmittelbare zum déja-vu geworden ist und an eine Medienkonserve erinnert – wozu dann noch reisen? Man reist, so will es die Tradition, aus Neugierde, um fremde Länder und Menschen aufzusuchen, oder man tut es, um etwas zu entdecken, etwas herauszufinden oder etwas zu lernen. (Selbstverständlich reist man auch in Geschäften, was uns hier aber nicht interessiert, genausowenig wie diejenigen, die reisen, um sich einen Mordsrausch samt zugehörigem Sonnenbrand einzufangen.)
Daß das Reisen bilde, wird sich kaum noch mit Fug und Recht behaupten lassen. Denn hierfür wäre eine zumindest rudimentäre Vor-Bildung die Voraussetzung, und das Vorhandensein einer solchen würde im Verhalten des Reisenden zum Ausdruck kommen: Aus der Art und Weise seiner Betrachtung spräche Neugierde, aus seiner Haltung und seinem Benehmen dem Betrachteten gegenüber Respekt. Von Solchem kann aber nur noch in Ausnahmefällen die Rede sein. Zwar sind vielleicht solche Reisenden, die zumindest ihren alten Baedecker, vielleicht gar die gleichfalls roten Bände des Touring Club Italiano oder den Dehio in der Tasche haben, nicht einmal weniger geworden, doch spielen sie unter den drei Millionen, die jedes Jahr mit dem Flugzeug in Dubrovnik einfallen, verstärkt von einer knappen Million, die von den großen Kreuzfahrschiffen noch zusätzlich ausgespuckt werden, keinerlei Rolle mehr.