Mediterraner Kulturpessimismus, oder: Von Harz bis Hellas nur Bekanntes

Vor einigen Jahren, im Zuge einer baugeschichtlichen Photokampagne in Mantua, verschlug es uns nach Peschiera del Garda, einen Ort, den wir sonst wohl eher gemieden haben würden, hielte hier nicht der Nachtzug nach München. Für das Abendessen stand eine beachtliche Zahl an Restaurants zur Auswahl – der Ort ist auf einen großen Andrang von Touristen eingestellt, hauptsächlich deutscher. Die Speisekarten wiesen ausschließlich italienische Gerichte auf, was insofern nicht ganz selbstverständlich ist, als die Ufer des Gardasees ja vor noch nicht allzulanger Zeit mit Etablissements überschwemmt waren, die mit ›deutschem Kaffee und Kuchen‹ warben. Sollte sich hieraus auf einen Wandel schließen lassen, vom ängstlichen Bestehen auf Heimatlich-Vertrautes hin zu einer Offenheit für das Fremde, einer um sich greifenden Neugier auf das Authentische, Ungewohnte, Unbekannte, dessen Ort die Fremde ja ist?  „Mediterraner Kulturpessimismus, oder: Von Harz bis Hellas nur Bekanntes“ weiterlesen

Eine rhetorische Konstruktion in Cattaro

Was uns in Kotor am meisten entzückte – vielleicht, weil es so unerwartet kam –, war eine barocke Altarkomposition, korrekt gesprochen ein zum Lettner erweitertes Altarretabel in der kleinen Klarissinnenkirche, als halbhohe Schranke mit zwei Türen leicht chorwärts geschwungen in den einfachen rechteckigen Raum gestellt, Werk des venezianischen Bildhauers Francesco Cabianca (1665-1737), der wegen der schlechten Auftragslage in der schwächelnden serenissima, wohl aber auch, weil ihm sein Arzt zur Heilung eines venerischen Übels zu einer Seereise geraten hatte, mit seiner Familie nach Dalmatien übersiedelte und zwischen 1704 und 1708 in Kotor bezeugt ist.

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Idyllisches und weniger Idyllisches aus Montenegro

Die Fahrt durch die Bucht von Kotor, ital. le bocche di Cattaro, die gelegentlich als südlichster Fjord Europas bezeichnet wird (Slartibartfast?!) – geologisch inkorrekt indes, verdankt sie ihre Entstehung nicht einem Gletscher, sondern bildete sich aus einem Flußtal –, ist zweifelsohne eine der spektakuläreren Partien einer ja an Spektakulärem nicht armen Reise entlang der adriatischen Küsten. An die dreißig Kilometer ist sie lang, besteht aus vier weiten Becken, die durch enge Durchlässe verbunden und von bis zu 1000 Meter hohen Bergzügen umstanden sind. Am Ende der letzten dieser Buchten liegt Kotor, einer der sichersten Häfen der Adria und dazu strategisch höchst günstig gelegen. Er war die Basis für die U-Boote der österreichisch-ungarische Marine; auch andere ihrer Flotteneinheiten lagen hier während des Ersten Weltkriegs, veraltetes Material und Gerät zumeist, das nie zum Einsatz kam und wo es schließlich wegen der immer unerträglicher werdenden Zustände, angeregt durch die Februarrevolution in Russland ein Jahr zuvor, im Februar 1918 zu einer großen, doch rasch niedergeschlagenen Revolte kam, der Friedrich Wolf 1930 das Theaterstück ›Die Matrosen von Cattaro‹ widmete.

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